Donnerstag, 17. Januar 2013

'artgerechtes behandelt werden' Teil 10: Tod und Beerdigung

An die Überbringung der Nachricht selbst, dass mein Opa vergangene Nacht gestorben sei, kann ich mich kaum erinnern. Ich war damals 10 Jahre alt und habe auch in den darauf folgenden Tagen zunächst einmal keine Veränderung des Alltags gespürt. Denn wenn man einen bestimmten Menschen auch zu Lebzeiten nicht ständig gesehen hat, fällt es anfangs kaum auf, dass er nun nicht mehr da ist. Eine Veränderung merkt man eher durch die Stimmung und das Verhalten der Eltern, die sich irgendwie ruhiger und rücksichtsvoller gegenüber den Kindern verhalten.
Meine konkrete Erinnerung setzt erst am Tag der Beerdigung ein, da ich nun das erste Mal richtig mit dem Tod konfrontiert wurde.
Plötzlich fand ich es verstörend, dass dieser tote Mensch, mit dem man zwei Wochen vorher noch gesprochen hat, nun so regungslos vor einem lag. Da ich aus heutiger Sicht, die ganze Situation zu diesem Zeitpunkt vermutlich noch nicht so ganz realisiert hatte, war ich mehr mit der Tatsache beschäftigt, warum mein so Opa anders, irgendwie geschminkt und unecht aussah.
Aber zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch das erste Mal ein trauriges Gefühl, das aber seltsamerweise weniger durch den Toten selbst, als durch die mich umgebenden, lebenden Personen ausgelöst wurde. Natürlich fand ich die Vorstellung traurig, dass ich nun nie mehr mit meinem Opa sprechen werde können, aber viel mehr beunruhigt hat mich die Tatsache, dass mein Oma ab nun alleine sein wird oder wie es sich für meinen Papa anfühlt plötzlich keinen Vater mehr zu haben. Denn dadurch, dass wir in unserer Familie schon immer recht offen mit dem Thema Tod umgegangen sind, hatte ich keine Angst davor und war fest davon überzeugt, dass mein Opa an einem schönen Ort ist. Traurig und verunsichernd fand ich es eher, Familienmitglieder, die man bislang nur als 'starke' Menschen gekannt hatte, plötzlich weinend, schwach und zerbrechlich zu sehen. So kam es, dass ich irgendwie das Bedürfnis hatte zu helfen oder etwas zu tun, aber als Kind selbst völlig mit der Situation überfordert war. Ich hatte das Bedürfnis meine Oma und Eltern zu trösten und zu beschützen, obwohl ich es nicht konnte.
Und so geht es mir heute noch. Auch wenn ich glücklicherweise noch nicht auf vielen Beerdingungen war, löst in mir eher das, was der Tote zurücklässt, ein trauriges Gefühl aus, als die Tatsache, dass diese Person nun nicht mehr da ist. Es ist das Gefühl der Unsicherheit und der Angst nicht helfen zu können, weshalb ich dem Tod und Beerdigungen ängstlich und hilflos gegenüberstehe. Einfach das Gefühl nichts tun zu können.

artgerechtes behandelt werden

Eine Person - verschiedene Arten des behandelt werdens

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