Samstag, 12. Januar 2013

'artgerechtes behandelt werden' Teil 9: Prüfungssituation

Die Zeit vor der Prüfung:
Die Zeit der Vorbereitung für eine Prüfung beginnt bei mir meistens mit einem schlechten Gewissen, denn ich finde es unheimlich schwer den richtigen Zeitpunkt zu finden um mit dem Lernen anzufangen. Und da mein Verstand mir sagt, so früh wie möglich mit dem Lernen anzufangen - um den Lernaufwand in den folgenden Wochen so gleichmäßig wie möglich zu gestalten – habe ich stets ein ungutes Gefühl, wenn ich in den Wochen vor den Prüfungen auch noch den alltäglichen Dingen des Lebens, wie Hobbys, Treffen mit Freunden, etc. nachgehe.
Tatsächlich finde ich den Zeitpunkt, wenn man sich das erste Mal an den Schreibtisch setzt und die Dinge der vergangenen Wochen ordnet und einen Lernplan aufstellt immer am Schwierigsten. Denn oftmals ist es so, dass ich gar nicht genau weiß, was von mir erwartet wird. Wie detailiert mein Wissen gefragt ist, ob es reicht einen groben Überblick zu haben, ob ich auswendig Gelerntes nur wiedergeben soll oder ob es zu konkreten Anwendungsbeispielen kommen wird. Generell habe ich nie das Gefühl, an einen Punkt zu gelangen, an dem ich sagen kann, dass ich jetzt perfekt auf die Prüfung vorbereitet bin und alles getan habe, was ich hätte tun können. Es bleibt immer eine gewisse Unsicherheit und Angst bestehen.
Der Tag der Prüfung:
Ich habe schlecht geschlafen und bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich vermutlich noch hätte mehr tun können. Da es sich bei der Prüfung um eine mündliche Prüfung handelt bin ich deutlich aufgeregter als bei einer Schriftlichen. Denn bei einer mündlichen Prüfung ist es mir nicht nur wichtig, dass ich „geistig“ gut vorbereitet bin, sondern, dass ich mich auch körperlich wohlfühle. Deshalb spielen Äußerlichkeiten wie Kleidung, Gestik und Mimik an diesem Tag ebenfalls eine wichtige Rolle bei mir, auch wenn ich während der Prüfung überhaupt keine Zeit haben werde über meine Wirkung auf die Prüfer nachzudenken. Die halbe Stunde Prüfungszeit vergeht anschließend wie im Flug. Vor mir sitzen drei Personen mittleren Alters, die alle recht emotionslos und leicht unterkühlt ihre Blicke auf mich gerichtet haben. Ich bin nervös und fühle mich unter Druck gesetzt, etwas extrem Intelligentes von mir geben zu müssen. Gleichzeitig sagt mir aber unbewusst etwas in mir, dass das alles nur eine Masche ist, eine Fassade, hinter welcher sich drei ganz „normale“ Menschen verbergen. Denn, dass Lehrer, Dozenten, Prüfer und andere Vorgesetzte auch „nur“ Menschen, Mütter, Väter, beste Freundin oder Hobbygärtner sind, blendet man in solchen Minuten meist aus. Dies ist vermutlich auch nicht unbedingt das Schlechteste, denn würde ich in meinem Prüfer nur den überforderten, alleinerziehenden Vater sehen, wüsste ich nicht, ob ich ihn in der Prüfungssituation wirklich ernst nehmen könnte.
In der folgenden halben Stunde beantworte ich nun also Fragen, stelle gelegentlich auch Fragen der Unsicherheit zurück, gebe zu, dass ich etwas nicht weiß oder versuche mich irgendwie doch noch geschickt um die Frage herumzudrücken. Selbstverständlich bin ich froh, als die halbe Stunde schneller als gedacht vorbei ist und ich endlich „entlassen“ bin.
Die Zeit nach der Prüfung:
Nach der Prüfung, besonders nach einer längeren Prüfungszeit, bin ich zunächst natürlich erleichtert, dass ich alles hinter mir habe, denn nun kann man all das tun, was in den letzten Wochen zu kurz kam. Generell lernt man die neu gewonnene, freie Zeit wieder richtig zu schätzen. Denn erst wenn man wochenlang nicht viel mehr macht als schlafen, essen und lernen, weiß man wirklich wie kostbar Freizeit ist.
Natürlich gehe ich in den Minuten danach auch nochmal vereinzelt Fragen durch und überlege mir was gut oder schlecht gelaufen ist und versuche die Reaktionen der Prüfer zu interpretieren. Ich versuche mich an einzelne Aussagen, Fragen und Blicke von ihnen zu erinnern und diese zu analysieren. Jedoch gelange ich jedes Mal an einen Punkt, an dem ich mir eingestehen muss, dass dieses ganze Analysieren die Situationen auch nicht bessser macht und ich auch nie erfahren werde, was das Verhalten der Prüfer im Konkreten bedeutet hat, sondern ich einfach abzuwarten habe wie das Ergebnis ausfällt. Dennoch finde ich es bedauerlich, dass letztendlich alles doch nur auf eine Zahl, eine Note beschränkt wird, die im Grunde nichts über mich und im Prinzip auch nur einen sehr geringen Teil über mein Wissen aussagt.

artgerechtes behandelt werden

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