Montag, 17. Dezember 2012

'artgerechtes behandelt werden' Teil 7: Vorstellungsgespräch

Eigentlich hängt die Entscheidung was ich kommendes Jahr machen werde, komplett von diesem einen, ersten Eindruck ab. In ungefähr einer Stunde Vorstellungsgespräch sollen zwei, mir bis dahin fremde Personen, entscheiden ob ich zu ihnen passe oder nicht. Da sie in dieser kurzen Zeit natürlich nicht sonderlich viel über mich erfahren werden (wenn man dieses Gespräch einmal ins Verhältnis zu meinem ganzen Leben setzt), so werde ich vermutlich auch stark nach meinem Äußeren beurteilt werden. Das heißt sowohl die Wahl meiner Kleidung, als auch mein gesamtes äußeres Erscheinungsbild werden eine sehr große Rolle spielen. Denn ob ich in Jeans und Sweatshirt oder in einem Rock und einer Bluse erscheinen werde, gibt meinem Gegenüber bereits einen ersten Eindruck und beeinflusst (vielleicht auch unbewusst) die Entscheidung ob ich genommen werde oder nicht. Desweiteren spielen meiner Meinung nach auch die Sprache, Gestik und Mimik eine sehr zentrale Rolle in einem Vorstellungsgespräch. Da man sich im Alltag selten Gedanken über seine Körperhaltung oder Spracheigenschaften macht (spreche ich laut oder leise, versteht man mich deutlich genug oder ist dies eher nicht der Fall?), finde ich es sehr wichtig mir dies noch einmal kurz vorher ins Bewusstsein zu rufen.

Aufgeregt, nervös und leicht angespannt mache ich mich auf den Weg. Natürlich bin ich viel zu früh dran, aber man möchte bei einem so wichtigen Termin auf keinen Fall zu spät kommen. Nach einer gefühlten Ewigkeit ist es dann endlich 12:00 Uhr und das Vorstellungsgespräch kann beginnen. Ich betrete einen hellen, freundlichen Raum, in welchem zwei Personen an einem runden Tisch sitzen. Ich erwähne den runden Tisch deshalb, da ich finde, dass er die beste Basis für ein solches Gespräch bildet, da alle Personen 'gleichberechtigt' sind und das Gespräch somit den Charakter von einer gemeinsamen Unterhaltung bekommt, da Keiner am oberen und Keiner am unteren Ende des Tisches sitzt. Kurz, es wird irgendwie eine gewisse Offenheit symbolisiert, die zeigt, dass alle drei Personen des Gesprächs auf einer Ebene sind, im Gegensatz zu Geprächen, bei denen man von der typischen 'Chef/Angestellten-Hierarchie' ausgeht. Im folgenden Verlauf des Gesprächs scheint diese Strategie auch aufzugehen und sich zunehmend auszuweiten. Anstatt eine Frage nach der anderen zu beantworten, erzählen die beiden anderen Personen auch sehr viel Persönliches über sich selbst und erst am Ende stellen wir überrascht fest, dass wir kaum über den Betrieb selbst gesprochen, sondern uns hauptsächlich über uns unterhalten haben. Letztendlich ist dies aber auch nicht schlimm, denn dass man sich für den Betrieb interessiert und sich dazu natürlich vorab informieren musste, zeigt ja bereits die Tatsache, dass man sich beworben hat. Das Wichtigste ist meiner Meinung nach aber, dass die Strategie des 'Miteinanders' anstelle des 'Gegeneinanders' aufgegangen zu sein scheint, denn durch diese lockere Offenheit des Gesprächs wurde auf beiden Seiten die Aufregung und Anspannung abgebaut und eine gewisse Vertrautheit geschaffen.
Zu welchen Anteilen genau Gestik, Mimik und Körperhaltung für eine Zusage beigetragen haben, werde ich vermutlich nicht erfahren, aber ich kann definitiv sagen, dass die Entscheidung für die gemeinsame Zusammenarbeit definitiv die Richtige war.

Freitag, 7. Dezember 2012

'artgerechtes behandelt werden' Teil 6: Im Baumarkt

Schon beim Betreten der riesigen Einkaufshalle strömt einem ein intensiver Geruch von Holz, Kupfer, Ölfarbe und sämtlichen Lacken in die Nase. Die Regale sind geschätzte zehn Meter hoch und die Gänge dazwischen könnte man locker mit einem Kleinwagen bewältigen. Zudem stelle ich keinen großen Temperaturunterschied von der Außen- zur Innentemperatur fest und das obwohl bereits Dezember ist und Schnee liegt.
Dass man als Frau auch im 21. Jahrhundert noch eine Ausnahme im Baumarkt ist, wird schon auf den ersten Blick klar: egal wo man hinblickt, überall nur Männer. Da stehen Vater und Sohn bei den Werkzeugkästen, ein circa dreißigjähriger Mann unterhält sich mit einem Fachmann über die Qualität der Wandfarben und ein grauhaariger Rentner betrachtet in aller Ruhe die Auswahl der Terrakottafliesen. Mal abgesehen vom 'Pflanzenparadies' im Außenbereich, begegnen mir während meines ganzen Aufenthalts nur ungefähr vier weitere Frauen, von denen jedoch drei in Begleitung einer männlichen Person sind. Da ich meine Leidenschaft am Heimwerken vor kurzem entdeckt habe und deshalb in einer Woche auch schon bis zu dreimal diverse Baumärkte besucht habe, bin ich mir ziemlich sicher, dass die oben beschriebenen Situationen keine Ausnahmen sein können.
Die Reaktionen der Männer, die einer Frau begegnen, die alleine in einem Baumarkt einkauft, fallen jedoch meist ziemlich ähnlich aus. Grundsätzlich kann man zwei Typen (inklusive Angestellten) in diesem Terrain unterscheiden: auf der einen Seite gibt es diejenigen, die einem schon dabei behilflich sein wollen, das 1-Euro-Stück in den Einkaufswagen zu stecken und einen anschließend durch den gesamten Baumarkt begleiten, einen beraten und die schweren wie auch leichten Dinge in den Einkaufswagen räumen. Egal ob man will oder nicht, behandeln sie einen wie ein kleines, zerbrechliches Wesen, das schon beim bloßen Anblick eines Hammers zusammenzubrechen droht. Fühlt man sich zu Beginn durchaus noch geschmeichelt von so viel Hifsbereitschaft und es zudem auch tatsächlich Dinge gibt, die alleine kaum zu tragen sind, weicht dieses Gefühl spätestens beim zweiten Besuch dem Gefühl der Unterbemitteltheit, da man mit einem leichten Seitenhieb auch irgendwie immer vermittelt bekommt, dass man etwas zu blöd für das 'Erlebnis Baumarkt' ist und den Einkauf gar nicht alleine bewältigen kann.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch diejenigen, die einem schon verächtliche Blicke zuwerfen, sobald man nur den Eingangsbereich betritt und sich anschließend darüber lustig machen, wenn man sich tatsächlich etwas schwer tut, einen 40 Liter-Eimer Farbe aus dem Regal zu holen. Hilfe braucht man hier nicht zu erwarten, da man als Eindringling in fremdes Gebiet gilt. In zweiterem Fall fühlt man sich nicht nur unterbemittelt, sondern auch tatsächlich nach einiger Zeit etwas fehl am Platz, was ich sehr verstörend finde, da dies ja eigentlich ein Ort ist, zu dem der Zutritt jeder Personder gestattet ist.
Natütlich gehe ich weiterhin noch in verschiedene Baumärkte, dennoch ärgert es mich, beziehungsweise frage ich mich eher, wie es manche Personen auf leichteste Art und Weise schaffen einem das Gefühl des Unerwünschtseins zu vermitteln. Denn egal wie sehr man es sich auch vornimmt von solchen Menschen unbeeindruckt zu bleiben, genügt manchmal tatsächlich schon deren bloße Anwesenheit um sich unwohl zu fühlen. Denn selbst wenn keine blöden Sprüche fallen, einem niemand belustigenden Blicke zuwirft, oder auf Schritt und Tritt verfolgt und man eigentlich ganz ungestört einkaufen könnte, scheint da doch etwas Unsichtbares zu sein, was einem ein unwohles Gefühl gibt, das besagt, dass man hier eigentlich nicht sein sollte.

Samstag, 1. Dezember 2012

'artgerechtes behandelt werden' Teil 5: Uni

Nachdem ich in meinem letzten Eintrag über einen recht überschaubaren 'Kreis' (Familie) geschrieben habe, frage ich mich, wie das mit dem 'behandelt werden' an der Uni aussieht, da die Personenanzahl in eine weitaus größere Dimension hineinragt, als in einer Familie. Kann man überhaupt noch als Individuum wahrgenommen werden, oder ist man stets nur 'Einer von Vielen' ?
Und ist man in einer Institution wie einer Universität überhaupt noch man selbst, oder bewegt man sich permanent nur in einem abgesteckten Feld, in dem man sich nur bedingt ausleben kann?

Hierzu fällt mir das Buch 'Wir alle spielen Theater' (1959) von dem Soziologen Erving Goffman ein, der sich in seinem Werk unter Anderem mit dem 'Einnehmen von Rollen' beschäftigt hat.
Goffman geht davon aus, dass ein Individuum verschiedene Rollen einnimmt und diese dann an unterschiedlichen Orten auslebt. Die Rolle gibt jeweils vor was oder wer wir gerne wären oder sein möchten. Da wir, laut Goffman immer und überall eine Rolle einnehmen und mehr oder weniger bewusst spielen, erkennen wir uns selbst in diesen Rollen im Laufe der Zeit immer besser. Die Rolle wird somit ein Teil von uns und unserer Persönlichkeit.(1)
Mir persönlich geht es so, dass ich bei dem Wort 'Rolle' automatisch auch an das Wort 'Täuschung' denke und auch in Goffmans Werk geht es darum, ob die eingenommenen Rollen der Wahrheit entsprechen.
Um den Bogen wieder zurück zur Universität zu spannen, möchte ich versuchen zu erklären wie Goffman die Sache mit der Täuschung und der Rolle sieht.
Der Student nimmt an der Universität eine bestimmte Rolle ein und trägt diese dann so vor wie sie durch eine allgemeine Vorgabe gesellschaftlich institutionalisiert wurde. So ist zum Beispiel jedem Studenten klar wo sich in einem Vorlesungssaal sein Platz befindet: nämlich nicht am Pult vor der Tafel, sondern an den restlichen, mehrheitlich überwiegenden Tischen und Stühlen im Saal, während die Rolle des Dozenten vorgibt, dass er sich an das Pult setzen beziehungsweise stellen darf.
Durch Normen, die man in einer bestimmten Rolle erfüllen muss und der Versuch sich in einer bestimmten Rolle zu präsentieren, ist man auch versucht, die beobachtenden Personen zu einer bestimmten Beurteilung seiner selbst und der jeweiligen Situation zu veranlassen. Zum Beispiel versucht ein Student, der mit einem riesigen Stapel Bücher unter dem Arm den Seminarraum betritt, die Kommilitonen zu einer Beurteilung zu (ver-)leiten, die aussagt, dass er sich intensiv auf das folgende Seminar vorbereitet hat.(2)
Wie man also sehen kann, sind ein bestimmter Ort und ein ortsbestimmtes Verhalten leicht miteinander zu verbinden und zu verknüpfen. Bestimmte Orte setzen ein bestimmtes Verhalten voraus oder es existiert für diesen Ort eine vorgeschriebene Verhaltensweise.
Dies würde nun allerdings bedeuten, dass die eigene Entfaltung des Individuums an einer Universität nur sehr gering stattfinden kann, da man sein Verhalten immer den vorgegebenen Normen anzupassen hat. Betrachtet man die Universität nun als ein großes Ganzes so mag das vermutlich zutreffen und zudem scheint es als ob der Einzelne in der Masse der Studenten zu verschwinden droht. Schaut man sich die Strukturen jedoch genauer an, so findet man jede Menge Nischen und Lücken, in welchen man sich entfalten kann. Denn neben überfüllten Vorlesungssälen gibt es auch die kleineren Seminare, Kurse und Hochschulgruppen, die auf die Mitarbeit der wenigen Teilnehmer angewiesen sind und die Platz zur aktiven Mitgestaltung lassen.


Literaturnachweis:
1/2 Vgl.: Möller, Andreas, Goffmans Erkärunsansätze der Handlungstheorien mit Hilfe seines Werks: "Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag",
http://home.arcor.de/andimoe/eigene_webs/images/Hausarbeit-Goffman.pdf, 01.12.2012, 12:12 Uhr.

Samstag, 17. November 2012

'artgerechtes behandelt werden' Teil 4: Familie

Eine Familie besteht sowohl aus Handelnden, als auch aus Behandelten und der rege Austausch dieser Instanzen könnte das sein, was man allgemein unter Familienalltag und dem damit verbundenen Miteinander versteht.
Der Part der Handelnden und Behandelten in Familien ist jedoch variabel und nicht festgelegt.
Oberflächlich betrachtet scheint es, als ob Eltern häufig die Rolle der Handelnden übernehmen und die Kinder (besonders Kleinkinder) die Anweisungen, Vorschläge und Regeln der Eltern widerstandslos zu befolgen haben. Genauer betrachtet sind Eltern jedoch viel häufiger, als zunächst angenommen, dem Willen ihrer Kinder ausgeliefert. Nur während Eltern ihre Kinder aktiv behandeln, findet die Behandlung der Eltern durch ihre Kinder meist passiv statt. Denn egal was sich eine Mutter gerade vorgenommen hat, wenn das Baby schreit, weil es hunger hat, muss sie für einen gewissen Zeitraum alles stehen und liegen lassen, um sich den Bedürfnissen ihres Kindes zu widmen. Auch wenn es dem Neugeborenen gar nicht bewusst ist, aber es behandelt seine Mutter in diesem Augenblick, da es sowohl Zeit als auch Handlung (Füttern, Wickeln, etc.) bestimmt.
Natürlich ist die Mutter in dem Augenblick, in dem sie die Bedürfnisse ihres Kindes stillt, nicht nur Behandelte; gleichzeitig ist sie immer noch Handelnde, da sie aktiv das Baby füttert oder wickelt. Die Rollen von Handelndem und Behandeltem sind demzufolge nicht immer klar zu bestimmen.
Wie bereits schon erwähnt, findet die Behandlung der Kinder durch ihre Eltern in einem eher aktiven Rahmen statt. Denn während dem Neugeborenen vermutlich nicht bewusst ist, dass es seine Mutter gerade von einer anderen Tätigkeit abhält, sind sich die Erwachsenen durchaus ihrer Handlungen und Entscheidungen bewusst. Egal ob es um das Festlegen einer täglichen Schlafenszeit geht, die Entscheidung für eine bewusste Ernährung oder dem Aussuchen eines Kindergartens, in den meisten Familien werden solche Entscheidungen unter den Eltern ausführlich diskutiert.
Je älter Kinder werden, desto mehr Mitspracherecht bekommen sie in den meisten Familien. Ab einem gewissen Alter werden sich Kinder der 'Macht ihres Handelns' bewusst, denn es macht durchaus einen großen Unterschied, ob ein Säugling schreit weil er Hunger hat oder ein Sechsjähriger. Die Passivität weicht sozusagen zugunsten der Aktivität.
Wieviel Mitspracherecht Eltern ihren Kindern zugestehen, ist sicherlich auch familienabhängig, spätestens im Teenageralter jedoch bestehen die meisten Jugendlichen auf ein 'demokratisches Miteinander'. Dass dies in der Realität meist ein wenig anders aussieht, können vermutlich beide Parteien bezeugen. Denn während viele Eltern mit der neugewonnen Freiheit ihrer Kinder überfordert sind, klagen diese weiterhin über einen vom Willen der Eltern bestimmten Alltag.
Die Positionen von Handelnden und Behandelten in Familien rotieren unaufhörlich weiter und lassen sich demzufolge niemals über einen längeren Zeitraum hinweg, vollständig festlegen.

Sonntag, 11. November 2012

'artgerechtes behandelt werden' Teil 3: Was ist X ?

Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie man als ein und dieselbe Person auf komplett verschiedene Art und Weise behandelt werden kann. Eigentlich könnte man doch davon ausgehen, dass das ICH eine Konstante ist, das von jedem gleich wahrgenommen wird. Aber in letzter Zeit fällt mir auf, dass mein ICH sich in verschiedenen Situationen zu variieren scheint und ich es erst bemerke, wenn ich spüre wie ich von Anderen wahrgenommen, beziehungsweise behandelt werde.
Zudem ist es bemerkenswert wie sich mein ICH durch die Art wie ich behandelt werde beeinflussen lässt und sich so irgendwie auch stetig verändert.
Anhand verschiedener Alltagssituationen versuche ich in meinem Blog aufzuzeigen, wie man als ein Individuum in verschiedenen Situationen und Umgebungen, jeweils komplett anders wahrgenommen und behandelt werden kann.
Ausgehend von der 'Akteurs-Netzwerk-Theorie' (ANT), die den Menschen als einen aktiv Handelnden beschreibt und davon ausgeht, dass sich alles als Verkettung von Handlungen erklären lässt, möchte ich meinen Fokus allerdings mehr auf das Thema 'Patienten-Netzwerke' legen, welches die Perspektive der ANT einfach umdreht. Hier wird der Mensch nicht als der Handelnde selbst, sondern als der Behandelte betrachtet.
Und ist es nicht so, dass wir uns in der heutigen Zeit immer öfter als Behandelter, anstatt Handelnder selbst fühlen und wir oft den Eindruck haben, als hätten wir gerade keinen Einfluss auf die Situation?
Denn wer ist eigentlich Schuld, wenn zum Beispiel das Handy nicht funktioniert, ich mich aussperre oder mit neuem Kleid, ohne Regenschirm in ein Gewitter komme?
Ich glaube die Schwierigkeit hierbei ist, dass wir uns zwar als die behandelte Person sehen, aber der Handelnde selbst nicht direkt als solcher auftritt. Dem Behandelten steht ein X gegenüber, dass sich beliebig variieren lässt, jedoch nie greifbar scheint.
In den folgenden Wochen möchte ich anhand von weiteren konkreten Situationen aus meinem Alltag erzählen und dabei verstärkt auf die Beziehung von 'handeln und behandelt werden' eingehen. Es wird natürlich auch Situationen geben, in denen das von mir bereits erwähnte X als Person zu identifizieren ist und die Rollen von Behandeltem und Handelndem klar scheinen. Doch mich interessieren besonders die Situationen, in denen der Handelnde schwer oder gar nicht zu bestimmen ist, aber dennoch mein ICH beeinflusst.

Donnerstag, 1. November 2012

'artgerechtes behandelt werden' Teil 2: Patientin im Krankenhaus

August 2012: mich hat eine Wespe gestochen und ich muss ins Krankenhaus. Da ich zu lange gewartet habe, dass eventuell von selbst eine Besserung eintritt, sitze ich nun nachts um 23:30 Uhr in der Notaufnahme. Nachdem ich die 10 Euro Aufnahmegebühr bezahlt habe, darf ich neben acht weiteren Personen Platz nehmen, denn anscheinend war ich nicht die Einzige, die erst einmal abwarten wollte. Gemäß der Anzahl der Personen, ist auch die Stimmung der Empfangsdame entsprechend mies, was sie nicht einmal zu verstecken versucht. Es scheint als ob hier ein Bild vermittelt werden soll, das besagt, dass alle Probleme auch morgen hätten behandelt werden können und dass die Notaufnahme den 'richtigen Kranken' vorbehalten sein sollte. Aber natürlich ist das nur mein persönliches Empfinden, zudem bin ich extrem müde und habe Schmezen.
Nach einer guten Stunde Wartezeit, kann ich dann endlich ich den Behandlungsraum. Mein Arm wird kurz abgetastet und soll mit einer Art 'Gegengift' intravenös behandelt werden. Als ich dies ablehne, schlägt die Stimmung der bis jetzt eigentlich netten Ärztin und deren Assistentin schlagartig um. Die Ärztin zählt mir in einem minutenlangen Monolog die verherrenden Folgen auf, die das Ablehnen der Spritze mit sich bringen würde und versucht mich zudem mehrfach zu dieser Behandlungsmethode zu überreden. Aufgrund der Tatsache, dass Ärztin und Assistentin in der Überzahl sind und permanent auf mich einreden, fühle ich mich irgendwie in meinem eigenen Handlungs- und Entscheidungsraum eingeengt und der Medizin 'ausgeliefert'.
Erst als ein weiterer Arzt hinzu kommt, enspannt sich die Situation wieder etwas, denn anscheinend kann man auch erst einmal ein leichteres, pflanzliches Mittel verabreichen. Nach diesem Vorschlag verschwinden die beiden behandelnden Ärzte für einige Minuten auf dem Flur und diskutieren in einem sehr bestimmenden, aber leisen Ton, sodass ich leider nichts mitbekommen kann.
Als die beiden Ärze wiederkommen, wird mein Arm mit einem kühlenden Umschlag verbunden und ich bekomme ein pflanzliches Mittel für die nächsten beiden Tage mit nachhause. Es scheint als ob sich die Stimmung wieder etwas beruhigt hätte und ich nun gehen könnte. Doch als ich aufstehen möchte, wird mir mitgeteilt, dass eigentlich eine stationäre Behandlung über Nacht vorgesehen sei, ich aber auf 'eigene Verantwortung' das Krankenhaus jederzeit verlassen könne. Da mir keiner der beiden Ärzte auf verständliche Art und Weise mitteilen kann und will, warum ein nächtlicher Aufenthalt sinnvoll wäre, unterschreibe ich die Einverständniserklärung und hoffe nun, dass ich das Krankenhaus in den nächsten Minuten verlassen kann.
Doch als die beiden Ärzte auf ein letztes Nachfragen noch herausfinden, dass ich nicht geimpft bin, schließt sich die Tür des Behandlungszimmers wieder und die Diskussion bezüglich der 'tödlichen Folgen eines Wespenstiches' (ohne Impfung) nimmt ihren erneuten Lauf. Da ich aus verschiedensten Gründen gegen Impfungen bin, muss ich eine weitere Einverständniserklärung unterschreiben, die besagt, dass ich das Krankenhaus trotz umfangreicher Aufklärung auf eigene Gefahr hin verlassen werde.
Daraufhin verlasse ich das Krankenhaus nach über drei Stunden endlich mit einem kühlenden Verband, zwei pflanzlichen Mitteln und zudem zwei Einverständniserklärungen.
Als ich am nächsten Tag aufwache, ist mein Arm schon nur noch halb so dick und nach drei weiteren Tagen sind sämtliche Symptome verschwunden.
Aber das Beste ist: ich lebe noch!!!

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