Montag, 31. Dezember 2012

'artgerechtes behandelt werden' Teil 8: Praktikum im Altenheim

Vor mir liegt ein in der Größe überschaubares Haus, etwas heruntergekommen, aber eigentlich ganz nett. Umrankt von Bäumen und inmitten eines kleinen Parks, steht also das Altenheim, in welchem ich in den kommenden zwei Wochen Praktikum machen werde. Es ist Sommer, der Himmel ist blau und es liegt eine gewisse „Leichtigkeit“ in der Luft. Diese „Leichtigkeit“ verfliegt jedoch beim Betreten des Hauses. Es ist so dunkel, dass meine Augen anfangen zu tränen und ein ungewohnter Geruch strömt mir in die Nase. Es riecht nach einer Mischung aus Dachboden, Krankenhaus, Kaffee und Etwas, das ich nicht zuordnen kann. Eine gemütliche Frau um die 50 gibt mir Arbeitskleidung und zehn Euro, womit ich gleich mal Gebäck vom Bäcker gegenüber für die Frühstückspause besorgen soll. Gut gelaunt und auch ein bisschen aufgeregt - da ich in der Pause vermutlich meine anderen Kollegen und Kolleginnen kennenlernen werde - mache ich mich auf den Weg. Dass ich in den nächsten zwei Wochen fast genauso viel Zeit beim Bäcker oder in anderen Läden verbingen werde wie im Altenheim, war mir zu dem Zeitpunkt noch nicht bewusst. Als ich zurückkomme, lächeln mich circa sieben, hungrige Frauen an, die mir jeweils kurz ihren Namen sagen und die mitgebrachte Backware gegen frische Bettwäsche tauschen. In meiner „jugendlichen Naivität“ gehe ich davon aus, dass wir nach der Pause wohl Betten überziehen werden. Als ich allerdings eine Technik gezeigt bekomme, wie man Betten am zeiteffektivsten überzieht und dann alleine gelassen werde, wird mir klar, dass kein großes Interesse daran besteht mich kennenzulernen. Während meine Kolleginnen also Pause machen, überziehe ich zehn Betten um dann hinterher alleine im Aufenthaltsraum zu frühstücken. Anschließend wird diskutiert, welche Kollegin ich für den Rest des Tages beziehungsweise in den kommenden zwei Wochen begleiten darf. Da sich niemand so wirklich für mich verantworlich fühlen mag und anscheinend auch keine Lust hat mich einzuweisen und mir Abläufe zu erklären, bin ich relativ auf mich alleine gestellt. In den folgenden zwei Wochen werde ich also herumgereicht und bin somit bei keiner Person länger als zwei Tage. Dies wäre noch akzeptabel gewesen, würde ich dadurch wenigstens verschiedene Tätigkeiten und Arbeitsbereiche kennenlernen. Das ist jedoch nicht der Fall. Dadurch, dass ich bei jeder Kollegin nur ein paar Stunden verbringe, scheint Jede froh zu sein, einen Tag lang mal nicht die „üblichen Alltagsaufgaben“ zu übernehmen. Und so überziehe ich zwei Wochen lang Betten, tätige Einkäufe, koche Kaffee und räume Spülmaschinen ein und wieder aus. Die Bewohner des Heims lerne ich dabei kaum kennen und komme nur mit ihnen in Kontakt, wenn sie zufällig im gleichen Raum wie ich sind. Natürlich gibt es – wie in jedem schlechten Film auch – die eine, nette Kollegin, die einem die interessanten Abläufe zeigt. Aber bei zwei Wochen Praktikum hatte ich gehofft, mehr als nur an einem Tag mit den Bewohnern zu sprechen, um mehr über ihr Leben zu erfahren oder Veranstaltungen des Heims zu organisieren – wofür es durchaus den Rahmen gegeben hätte.

artgerechtes behandelt werden

Eine Person - verschiedene Arten des behandelt werdens

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